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Nachhaltiger Konsum: Worauf Händler 2022 achten sollten

Gastbeitrag: Juliane Becker, Chefredakteurin | acquisa

Der Versandhandel hat einen schlechten Ruf, was die Auswirkungen auf die Umwelt betrifft. Dabei ist er unter bestimmten Voraussetzungen sogar dem stationären Handel überlegen. Vor allem dann, wenn der Kunde mit dem eigenen Fahrzeug weitere Strecken zurücklegt, um den stationären Handel aufzusuchen, sind Versandhändler in Bezug auf Klimaschäden im Vorteil. Dennoch denken viele Deutsche, dass der Onlinehandel immer die umweltunfreundliche Variante ist.

Durch das steigende Umweltbewusstsein ist es für Händler fast schon Pflicht, selbst mitzuhelfen, den Versandhandel umweltfreundlicher zu gestalten – und die Verbesserungen auch zu kommunizieren. Es gibt zahlreiche Maßnahmen mit unterschiedlichem Aufwand, die viel bewirken können und nicht zwangsweise teurer sind. Von der Umstellung auf plastikfreie Verpackung, beispielsweise über den klimaneutralen Versand per DHL, bis hin zum Betrieb der Website mit Ökostrom können Onlinehändler schon mit wenigen Schritten viel bewegen. Doch es gibt noch weitere Aspekte beim Online-Versand, die eine genauere Betrachtung verdienen.

Synergieeffekte nutzen: Gegenstände smarter verpacken

Nicht immer ist es wirtschaftlich nachteilig, Wert auf Nachhaltigkeit im E-Commerce zu legen. Händler, die darauf achten, dass Pakete nicht größer werden als unbedingt nötig, sparen neben Füll- und Versandmaterial auch Platz im Lieferfahrzeug. Das Einsparpotenzial kann selbst bei kleineren Online-Shops bei über 15 Prozent liegen. Zudem sind die Kunden zufriedener, wenn sie keinen unnötigen Verpackungsmüll erhalten und entsorgen müssen. Je nach gewähltem Dienstleister sind auch die Portokosten geringer. Es lohnt sich also, sich einmal gründlich mit der Optimierung der Verpackung auseinanderzusetzen.

Übrigens: Wer auf Teillieferungen verzichtet oder zumindest seinen Kunden die Wahl lässt, verhindert unnötige Einzellieferungen, die mehr Ressourcen verbrauchen als eine einzelne Lieferung.

Kein Greenwashing

Einer der wichtigsten Faktoren beim Onlineshopping ist Vertrauen. Verlässliche Marketing-Aussagen zahlen auf dieses Vertrauen ein. Greenwashing, also der Versuch, sich besonders umweltfreundlich darzustellen, ohne dass das Unternehmen tatsächlich so handelt, schadet ihm hingegen. Das ist deswegen ein entscheidender Faktor, weil umweltbewusste Menschen gut darüber informiert sind, welche Technologien bereits eingesetzt werden können und wie überprüfbar die Versprechen von Händlern sind. Sie kennen auch die gängigen Siegel und Zertifikate. Auf Worte müssen also immer Taten folgen. Transparenz ist wichtig.     

Ehrliches Bemühen kommunizieren

Wer sein Unternehmen nachhaltiger gestalten will, darf kleine Schritte gehen. Vielen Verbrauchern ist es deutlich wichtiger, diese Motivation und auch den Prozess zu erkennen. Ein Onlineshop, der darüber berichtet, wie er seinen Versand umstellt und welche kleinen Erfolgsschritte er dabei bereits gehen konnte, kann sein Image deutlich verbessern – auch ohne direkt die ganz großen Ziele zu erreichen. Wichtig ist jedoch, dass diese Verbesserungen auch thematisiert werden, der Versandhändler seine Verantwortung ernst nimmt und seinen Willen zum Wandel kommuniziert.

Neuentwicklungen im Blick behalten

Verpackungsmüll senkt die Kaufbereitschaft der umweltbewussten Zielgruppe. Deswegen sollten Händler mit einem entsprechenden Publikum oder auch eigenem Anspruch neue Methoden und Technologien im Blick behalten. Anstelle von (Einmal-)Plastikverpackungen können Kartonage, bereits gebrauchte Versandkartons oder wiederverwendbare Versandverpackungen verwendet werden. 

Und auch sonst tut sich viel: Kompostierbare Versandtaschen oder Alternativen für Luftpolsterfolien aus Papier – es gibt immer mehr Möglichkeiten für einen nachhaltigeren Versand.

Kostenlose Retouren werden zur Gretchenfrage

Retouren gehören zu den größten Herausforderungen im E-Commerce. Besonders Modehändler kennen es: Rund jedes zweite Paket geht in dieser Branche zurück. Denn häufig kaufen Kunden dasselbe Produkt in mehrfacher Ausführung, probieren es an und lassen die schlechter passenden Modelle zurückgehen. 

Doch obwohl die Branche immer wieder darüber diskutiert, dass kostenfreie Rücksendungen zu diesem Problem beitragen, bleiben sie selbst bei den Vorreitern in Bezug auf Nachhaltigkeit Standard. Kein Wunder, denn sie tragen zum Vertrauen und zur Attraktivität des Online-Kaufes bei.

Retourenvernichtung: Kunden werden aufmerksamer

Nicht nur der Rückversand verschlechtert die Klimabilanz. Noch wichtiger sind die zahlreichen Retourenvernichtungen. Neuware wird in Deutschland millionenfach zerstört, ohne jemals die Chance auf einen zweiten Verkauf zu erhalten. Rund vier Prozent aller zurückgesendeter Artikel landen laut einer Studie der Uni Bamberg im Müll.

Händler müssen sich darüber im Klaren sein, dass dieses Thema nicht nur seitens der Verbraucher immer mehr Aufmerksamkeit erhält. Die systematische Zerstörung von Neuware ist zudem gesetzlich verboten. Doch Sachspenden unterliegen der Umsatzsteuer und sind somit deutlich teurer als das Vernichten der Retouren. Dadurch ist es für Händler unattraktiv, Retouren zu spenden. Und der öffentliche Druck für einen umweltbewussten Umgangs mit Retouren steigt.

Informative Produktbeschreibungen als Hebel für weniger Rücksendungen

Händler profitieren auch finanziell davon, wenn sie weniger Rücksendungen erhalten. Ein Schlüssel hierfür sind informative und aufschlussreiche Produktbeschreibungen. Durch ihren beratenden Charakter können Händler dadurch nicht nur Rücksendungen vermeiden, sondern verbessern auch ihren Kundenservice. 

Wie das konkret aussieht? Bei Kleidung ist es beispielsweise hilfreich, aussagekräftige Größentabellen bereitzustellen. Viele Onlineshops arbeiten zudem mit Bewertungssystemen, bei denen Kunden angeben können, ob die Größe so ausfällt wie erwartet. Auf diese Weise werden spätere Rücksendungen reduziert und Kunden finden schneller die passende Größe. Bei Alltagsgegenständen, Elektronik und Schmuck helfen aussagekräftige (Detail)-Fotos Kunden dabei, Qualität und Größe des Produkts besser einschätzen zu können. Möbelhändler setzen wiederum zunehmend auf Augmented und Virtual Reality, um dem Interessenten das Ausprobieren des Möbelstücks in der eigenen Wohnung zu ermöglichen. 

Wenn dennoch Retouren eingehen, sollten Händler Ware genau darauf prüfen, ob sie als Neuware oder B-Ware erneut verkauft werden kann. Außerdem gibt es spezialisierte Retourenhändler, die Onlinehändlern retournierte Ware abkaufen und wieder verkaufen und so Shops die unliebsame Arbeit abnehmen.

Fazit

Versandhändler werden durch Verbraucher stärker in die Pflicht genommen, nachhaltiger zu handeln. Inzwischen gibt es viele Möglichkeiten, die sich auch finanziell rentieren können. Dadurch profitieren nicht nur die Umwelt, sondern auch das eigene Image und wichtige Kennzahlen wie Retourenanteil oder Verpackungskosten.

Über die Autorin:

Juliane Becker ist Chefredakteurin bei acquisa, dem
Online-Magazin für E-Commerce, Marketing und Vertrieb.
Sie lebt und arbeitet in München.